Kreuzfahrt in Coronazeiten: Im Gespräch mit den Reedereien

Virtuelle Pressekonferenz mit VIVA Cruises, Celestyal Cruises, Cruise & Maritime Voyages und der Frankfurter Personenschifffahrt Primus Linie.
Virtuelle Pressekonferenz mit VIVA Cruises, Celestyal Cruises, Cruise & Maritime Voyages und der Frankfurter Personenschifffahrt Primus Linie.

Wir durften heute Vormittag an einer Art virtuellen Pressekonferenz zur Kreuzfahrt in Coronazeiten teilnehmen. Mit dabei waren Christian Verhounig, CEO von Cruise & Maritime Voyages, der Muttergesellschaft von TransOcean Kreuzfahrten, Andrea Kruse, COO bei VIVA Cruises, Theodora Dimopoulou, Regional Director Continental Europa bei Celestyal Cruises und Dr. Marie Nauheimer, Geschäftsführerin der Frankfurter Personenschifffahrt Primus Linie.

Eines können wir vorweg schon sagen: Alle Gesprächspartner waren positiv gestimmt, was die Zukunft der Kreuzfahrt angeht.

Wann geht es wieder los?

Hier gibt es eindeutig unterschiedliche Antworten. Während die Primus Linie nach achtwöchigem Betriebsverbot bereits seit vierzehn Tagen wieder die Erlaubnis hat, Ausflugsfahrten anzubieten, stehen die Schiffe der Kreuzfahrtreedereien derzeit noch still.

Als erste der drei Reedereien wird VIVA Cruises am 26. Juni mit der Jungfernfahrt der VIVA Tiara starten. Die neuntägige Flusskreuzfahrt wird von Düsseldorf nach Passau führen.

Für die folgenden Monate hat VIVA Cruises bereits verkündet, Kurzreisen ab/bis Düsseldorf und ab/bis Frankfurt durchzuführen. Noch liegt der Fokus klar auf innerdeutschen Routen, aber Andrea Kruse schätzt, dass die Donau eventuell ab Juli wieder ins Programm aufgenommen werden könnte, das Schwarze Meer dann ab August oder September.

Die VIVA TIARA wird ab 2020 auf dem Rhein als erstes eigenes Schiff für VIVA Cruises fahren. Foto: VIVA Cruises

Auch bei Celestyal Cruises liegt der Kreuzfahrtstart nicht mehr in weiter Ferne. Ab 30. Juli möchte die griechische Reederei wieder Reisen anbieten. Laut Theodora Dimopoulou gilt Griechenland als ein sehr sicheres Gebiet, die Inseln waren fast alle vollständig coronafrei.

Christian Verhounig von Cruise & Maritime Voyages dagegen konnte sich noch nicht festlegen und sagt, sie seien noch nicht so weit, ein Datum für die erste Kreuzfahrt festzulegen. Er ist allerdings davon überzeugt, dass es in Europa als erstes wieder möglich sein wird, Kreuzfahrten zu verwirklichen, gefolgt von China.

Wie wird das Bordleben nun aussehen?

Auch wenn Kreuzfahrten nun in den nächsten Monaten wohl wieder starten werden, bleibt die Frage, wie diese aussehen werden und ob Kreuzfahrtpassagiere sich mit den Maßnahmen anfreunden können. Viele werden sich fragen, ob dennoch die charakteristischen Urlaubsgefühle wie Leichtigkeit und Freiheit aufkommen können.

Andrea Kruse von VIVA Cruises konnte bereits sehr konkrete Maßnahmen für die kommenden Reisen nennen. Die Reederei hat zudem eine sogenannte Checkliste ausgearbeitet, die den Gästen nicht nur die Angst nehmen könnte, bald wieder auf Reisen zu gehen, sondern auch für Transparenz sorgt.

Beim Check-In wird bei jedem Gast Fieber gemessen, bei einer Temperatur von über 38 Grad Celsius werden Gäste nicht mitfahren können. Auch während der Reise soll weiterhin Fieber gemessen werden. Das ist aber nicht nur für die Gäste, sondern auch bei der Crew Pflicht. Die Besatzungsmitglieder sollen sogar mehrmals täglich gecheckt werden. Außerdem wird jede Reise ärztlich begleitet.

Ebenfalls Bestandteil der Checkliste ist eine verstärkte Desinfektion der öffentlichen Bereiche und der sogenannten „frequently touched surfaces“, also beispielsweise Türklinken oder Handläufe, nach einem festen Zeitplan sowie eine erhöhte Anzahl an Handdesinfektionsgeräten.

Im Restaurant stehen alle Tische im Abstand von mind. 1,50 Metern, um die Regeln des Social Distancing umzusetzen. Teilweise werden sogar Plexiglaswände eingesetzt. Zudem schließt Andrea Kruse nicht aus, übergangsweise zur klassischeren Kreuzfahrt zurückzukehren und mehrere Tischzeiten anzubieten.

Mit ähnlichen Konzepten wollen auch Celestyal Cruises und Cruise & Maritime Voyages arbeiten. Auch Celestyal Cruises wird das medizinische Personal aufstocken und geht sogar noch einen Schritt weiter: Die griechische Reederei möchte Quarantäneräume einrichten, um für den Ernstfall einer Coronaerkrankung an Bord vorbereitet zu sein.

Christian Verhounig betont, dass es auch im Entertainmentbereich zu Veränderungen kommen wird. Abendliche Shows sollen nun mehrfach aufgeführt werden, für ihn sind teilweise bis zu vier Aufführungen denkbar.

Die Vasco da Gama in Bremerhaven
Die Vasco da Gama in Bremerhaven

Ebenso sieht er einen großen Vorteil für seine Reederei beim Thema An- und Abreise: Cruise & Maritime Voyages bietet generell viele „No Fly“ Programme an, die es den Gästen ermöglichen, ohne Flug ihre Kreuzfahrt zu starten und stattdessen mit dem Zug oder dem Auto anzureisen.

Wie wir es bereits aus zahlreichen Geschäften an Land kennen, soll es auch an Bord sogenannte Einbahnstraßen geben, die die Wegeführung vorgeben. Gerade in den Kabinengängen ließe sich das sehr gut umsetzen.

Außerdem wollen alle Reedereien mit einer geringeren Auslastung fahren. Diese wird sich bei ungefähr 70 Prozent bewegen. Christian Verhounig betont aber, dass es dazu aktuell noch keine offizielle Richtlinie gebe, weder vom Branchenverband CLIA noch von einer Regierung.

Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick:

  • Geringere Auslastung der Schiffe (ca. 70%)
  • Temperatur Screening vor und während der Reise
  • Einbahnstraßenregelung, insbesondere in Kabinengängen
  • Maskenpflicht an Bord
  • Aufstockung des medizinischen Personals an Bord, teilweise Einrichtung von Quarantäneräumen
  • Mehrere Sitzungen in Restaurant und Theater
  • Ein noch größerer Fokus auf Reinigung und Desinfektion
  • „No Fly“ Programme

Zur Durchsetzung der Maßnahmen an Bord sagt Christian Verhounig: „Wenn die Eigenverantwortung der Gäste nicht da ist, dann werden wir nachhelfen. Es wird für die Branche extrem wichtig sein, dass wir Konsequenz zeigen und dass wir das, was wir mit den Behörden ausmachen, auch umsetzen.“ Ebenso schließt er nicht aus, gerade am Anfang zusätzliche Crew zur Kontrolle der Einhaltung der Maßnahmen einzusetzen.

Andrea Kruse ergänzt: „Jeder Gast bucht auf freiwilliger Basis, da hoffen wir natürlich auch, dass die Gäste sich dementsprechend verhalten. Ich muss aber ganz klar sagen, dass man als Reederei oder Veranstalter auch handeln muss, wenn Gäste quer schießen.“ Sie schließt daher auch nicht aus, Gäste zur Not vom Schiff zu verweisen, denn bei einer Nichtbeachtung der Regeln „gefährden sie die restlichen Passagiere und die Crewmitglieder und ein Stück weit auch die Branche.“ Das ist ihrer Meinung nach weder vertretbar noch verantwortbar, das könne sich die Branche auf lange Sicht auch gar nicht leisten.

Wer geht jetzt wieder auf Kreuzfahrt?

Dr. Marie Nauheimer, Geschäftsführerin der Frankfurter Personenschifffahrt Primus Linie, sagt dazu, dass bei ihnen derzeit vor allem jüngere Menschen im Alter von 30 bis 50 Jahren Tickets für die Ausflugsfahrten kaufen. Gerade Familien würden nach der langen Zeit zu Hause nun wieder nach Unternehmungen und Ausflugsmöglichkeiten suchen. Ältere Menschen würden sich derzeit sehr zurückhalten und auch keine Fahrten für den Sommer im Voraus buchen.

Christian Verhounig beobachtet dagegen das Gegenteil. Die Zielgruppe seiner Reederei liege hauptsächlich auf dem Pensionistenmarkt. Diese seien klassischerweise ökonomisch weniger betroffen, dafür gesundheitlich etwas mehr. Dennoch seien seine Kunden sehr buchungsfreudig und würden auch bei Umbuchungen die Kreuzfahrt eher in die nahe Zukunft legen.

Celestyal Crystal von Celestyal Cruises vor Santorini
Celestyal Crystal von Celestyal Cruises vor Santorini

Theodora Dimopoulou von Celestyal Cruises betont, dass sie sehr stark abhängig vom Flugverkehr sind und so nun dadurch bestimmt wird, welche Gäste an Bord kommen werden. Die griechische Reederei hat allgemein ein eher internationaleres Publikum. Allerdings sieht sie die kleine bis mittelgroße Schiffsgröße als großen Vorteil, da die Gäste momentan eher nach kleineren Schiffen schauen würden.

Wird die derzeitige Situation Einfluss auf die Preise nehmen?

Hier tendiert die Antwort von allen Gesprächspartnern zu einem klaren Nein. Grund dafür ist, dass Kreuzfahrten für die nächsten Monate teilweise schon gebucht sind. Auch Reisen für das nächste Jahr sind bereits buchbar. Hier möchte man nun nicht mehr in die schon bestehenden Preise eingreifen.

Christian Verhounig sagt dazu: „Jedes Unternehmen ist sich dessen bewusst, dass auch 2021 noch ein Übergangsjahr sein wird. Erst 2022 wird man von der Wirtschaftlichkeit und der Profitabilität wieder auf dem Niveau von vor Corona sein.“

Insgesamt werden wir uns also alle etwas umstellen müssen, was das Reisen angeht. Dennoch sind wir sehr froh, dass es nun bald weiterzugehen scheint und wir dem Wasser bald wieder ganz nah sein können!