Hinter den Kulissen der Kreuzfahrt: Mein Schiffberater Andreas „Ändi“ Bohnes

Andreas "Ändi" Bohnes, Gründer und Inhaber von Mein Schiffberater. Foto: Mein Schiffberater
Andreas "Ändi" Bohnes, Gründer und Inhaber von Mein Schiffberater. Foto: Mein Schiffberater

Die Organisation, die hinter einer Kreuzfahrt steckt, ist umfangreich und doch meist unsichtbar für das Auge des Gastes. Um euch die komplexen Strukturen hinter einer Kreuzfahrt näherzubringen, haben wir die Interviewreihe „Hinter den Kulissen der Kreuzfahrt“ gegründet.

In dieser Ausgabe unserer Serie sprechen wir mit Andreas „Ändi“ Bohnes, Reisebüroinhaber aus Nordrhein-Westfalen. Unter anderem erfahrt ihr auch, woher der Spitzname „Ändi“ stammt.

Herr Bohnes, bitte stellen Sie sich doch einmal unseren Lesern vor.

Ich bin Andreas Bohnes, Geschäftsführer der Mein Schiffberater GmbH in Pulheim vor den Toren Kölns. Geboren bin ich ebenfalls in Köln.

Die Mein Schiffberater GmbH ist ein Reisebüro. Woher kam die Spezialisierung auf Kreuzfahrten allgemein und insbesondere auf TUI Cruises?

Das ist völlig untypisch passiert. Zunächst erfuhr ich 2010, dass TUI plane mehrere Kreuzfahrtschiffe zu bauen. Da dachte ich mir: „Wenn TUI das plant, dann wissen die auch, dass damit viel Geld verdient wird“. Also hatte ich zunächst nur die Leidenschaft entwickelt, mir von diesem Kuchen ein Stück abschneiden zu wollen. Ich wollte dann eben für dieses Produkt Mein Schiff dann der Berater sein. So entstand die Anfangsidee „mein-schiffberater“.

Mit der Gründung von TUI Cruises entstand auch Andreas Bohnes Reisebüro „Mein Schiffberater“

Erst mit meiner ersten Kreuzfahrt im November 2017 entwickelte sich auch die richtige Leidenschaft für diese Art Urlaub.

Bereits im zweiten Jahr hatten wir die Top 100 erreicht. Im dritten Jahr dann schon die Top 10! Allerdings gibt TUI Cruises offiziell nur die MaximeTop 50 heraus. Mit der konkreten Platzierung dürfen wir leider nicht werben…

Sie haben eine starke Onlinepräsenz mit Ihrem Reisebüro und Ihrem Charakter „Ändi“, insbesondere in den sozialen Medien. Sie haben sogar einen Shop mit eigenen „Kreuzfahrtprodukten“. Wie kam es dazu?

Bereits als Facebook grundsätzlich aufkam, war mir schnell klar, dass sich auf dieser Plattform viele neue Möglichkeiten auftun werden. Sehr früh hatte ich bereits an Gruppen gedacht, die sich dort super bilden lassen, um Gleichgesinnte zusammen zu bringen.  Mit dem stetigen Wachstum meiner Facebook Gruppen ist gleichzeitig unser Bekanntheitsgrad innerhalb Facebooks gewachsen.

Der Charakter „Ändi“ ist dabei komplett durch eine Eigendynamik entstanden, die so nie geplant war. Anfangs hatte ich mich sogar dagegen gewehrt. Irgendwann, zu meiner Verwunderung und auch zunächst zu meiner Verärgerung, wurde nur noch von „Ändi“ gesprochen.

„Bist du auch in Ändis Gruppe? Frag mal Ändi! Ruf bei Ändis Reisebüro an. Ändis Team ist super!“ Und so weiter, Ändi hier, Ändi da…

Betreuung in den sozialen Medien gehört bei Ändi dazu. Foto: Mein Schiffberater
Betreuung in den sozialen Medien gehört bei Ändi dazu. Foto: Mein Schiffberater

Dabei hatte ich mir so viele Gedanken um den „Berater“ von Mein Schiff gemacht, aber irgendwie interessierte das niemanden. Irgendwann hatte ich es aber akzeptiert und die Vorteile einer solchen Dynamik dann angefangen strategisch zu nutzen. Eine solche Dynamik ist ein Segen, sozusagen ein Geschenk.

Diese personenbezogene Dynamik schützt uns auch ein Stück vor Nachahmern bei Facebook. Sowas kann man nicht einfach kopieren. Deshalb hat sich mein anfängliches Ärgernis darüber heute in große Dankbarkeit verändert.

Mit Einsetzen des Lockdown aufgrund von Corona waren wir letztlich gezwungen uns zu überlegen wie wir auf die Situation aufgrund der ausbleibenden Provisionen reagieren. Wie können wir trotz allem Geld verdienen?

Dadurch, dass sich in unseren Gruppen ein hoher Support für uns darstellte, hatten wir die Idee für den Shop. Die Menschen wollten uns unterstützen. Teils wurden uns sogar einfach Spenden überwiesen, die wir natürlich zurück gegeben haben. Aber damit war klar: Mit ein paar Supporter T-Shirts „wewillbeback“ könnten wir Geld verdienen. So entstand die Idee und der Shop wird nun professionell weiter betrieben und ausgebaut.

Mit Ihren Facebookgruppen haben Sie eine starke Onlinecommunity gebildet. Inwiefern kann sich das für ein Reisebüro lohnen? Denn hinter den verschiedenen Accounts und Gruppen steckt ja auch viel zeitintensive administrative Arbeit.

Es ist ein verdammt hoher Aufwand, das darf man nicht unterschätzen. Ich erhalte am Tag mehrere hundert Nachrichten. Die allermeisten Nachrichten kommen von Kunden, die gar nicht unsere Kunden sind. Hier arbeiten wir sehr viel ohne einen Euro einzunehmen.

Auch an Bord arbeitet Ändi weiter. Foto: Mein Schiffberater
Auch an Bord arbeitet Ändi weiter. Foto: Mein Schiffberater

Fakt ist: viele nehmen unseren Service in Anspruch und bleiben am Ende doch in ihrem Stammbüro. Das muss sich jedes Büro gut überlegen. Wir profitieren vom glücklichen Umstand, dass „Ändi“ diese Eigendynamik bekommen hat.

Ohne diesen Umstand denke ich nicht, dass wir heute noch in dem Umfang eine Facebook Gruppe betreuen würden. Insofern dürfte es jeder Kollegen extrem schwer haben, es uns über diesen Weg gleich zu tun. Zumal der Aufbau einer solchen Gruppe Jahre dauert. Wir haben ganze drei Jahre gebraucht.

Inwiefern hat sich Ihr Konzept mit der Zeit verändert?

Verändert hat es sich bis heute tatsächlich überhaupt nicht, aber angepasst und stetig erweitert. Gutes Beispiel ist unsere Gruppe „Stornokabinen“. Diese Gruppe gehörte nicht zur Gründungsidee, hat sich aber aus den Erfahrungen, die wir mit unseren anderen Gruppen gemacht haben als logische Konsequenz entwickelt.  Und das wird es auch noch weiterhin.

Andreas Ändi Bohnes an Bord. Foto: Mein Schiffberater
Andreas Ändi Bohnes an Bord. Foto: Mein Schiffberater

Als nächstes wollen mit einer Gruppe „Meine erste Kreuzfahrt“ das Konzept erweitern. In Zukunft, erst recht nach Corona, wird es verstärkt nicht nur darauf ankommen immer neue Kunden zu gewinnen sondern vor allem Erstfahrer „zu produzieren“. Hier wollen wir uns nicht allein auf das verlassen, was die Reedereien umsetzen. Wir wollen unser Glück selbst bestimmen.

Wie viel Einfluss haben Ihre Mitarbeiter auf Ihr Konzept?

Anfangs gar keinen Einfluss, heute kommt es immer häufiger vor, dass ich die Kollegen in meine Ideen einbeziehe und diese vorab nach deren Meinung dazu befrage.

Stück für Stück kommt es jetzt aber auch immer mehr vor, dass ich sogar die Kollegen auffordere, sich Gedanken darüber zu machen was uns fehlt oder was uns noch besser machen kann. Bisher kam da sehr wenig, daran müssen wir also arbeiten.

Ist die oben beschriebene Onlinepräsenz heutzutage nötig, damit ein stationäres Reisebüro gegen die großen Onlinereisebüros und das individuelle Zusammenstellen von Reisen bzw. Direktbuchungen bei Veranstaltern ankommen kann?

Ja, absolut! Ich sehe ansonsten keine Zukunft für die klassischen Reisebüros. Es reicht heute einfach auf Dauer nicht mehr nur eine gute Lauflage zu haben, die eine gewisse Frequentierung sichert. Wenn diese Frequentierung auch gleich die Hauptreichweite ist, dann ist Corona nicht das alleinige Problem dieser Kollegen. 

Auch das Aufnehmen von Videos ist mittlerweile Bestandteil von Ändis Job. Foto: Mein Schiffberater
Auch das Aufnehmen von Videos ist mittlerweile Bestandteil von Ändis Job. Foto: Mein Schiffberater

Der Lockdown hat gezeigt, dass es auf eine vielseitige Reichweite ankommt. Gerade in Krisen ist es wichtig, mit seinen Kunden in Kontakt zu bleiben  und sich auszutauschen. Aber neben der Reichweite kommt es vor allem in der Zukunft auch darauf an, wofür man in der Touristik als Fachmann steht. Die Touristik wird  inhaltlich immer komplexer: Einreisebestimmungen, Reiserecht, Tarifsysteme und so weiter. Kein Büro wird es schaffen, in Zukunft fachlich alles zu 100% abzubilden. Aber das erwarten Kunden und ist die Basis für die Zukunft für Reisebüros.

Die Büros, die sich auf einen Bereich fokussieren und diesen in entsprechender Beratungsqualität abbilden, haben in meinen Augen eine Chance in der Zukunft; wenn die Reichweite vielschichtig aufgebaut ist.

Wie hat sich die Coronakrise auf Ihr Reisebüro ausgewirkt?

Unser Konzept hat sich als nahezu perfekt in dieser Krise herausgestellt. Sehr schnell hatte ich erkannt, dass, bis auf wenige Ausnahmen, alle Kollegen keine Antwort auf die Krise parat hatten. Gefühlt haben alle Ihre Erreichbarkeit eingestellt und Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Teilweise dachte ich: „Auweia, was machen die? Wie schlecht geht es denen tatsächlich?“ Corona habe ich deshalb nicht nur als Krise definiert. Corona ist die Chance seine Markposition auszubauen.

Die Mein Schiff Herz im Hafen von Valletta
Die Mein Schiff Herz im Hafen von Valletta

Deshalb haben wir komplett auf Präsenz gesetzt anstatt wie die Kollegen auf „Türe zu“ und Kurzarbeit. Das war die richtige Strategie wie wir heute wissen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Kreuzfahrt im Hinblick auf die Coronakrise?

Das Produkt wird auch in Zukunft das Zugpferd der Branche bleiben. Auch mit den Veränderungen, die es im Rahmen des Hygienekonzepts geben wird.

Diese Veränderungen werden uns sicher die nächsten 1 bis 2 Jahre noch begleiten. Gleichzeitig bin ich aber sehr optimistisch, dass wir danach auch wieder eine Kreuzfahrt erleben werden wie vor Corona, also komplett ohne Maske an Bord.

Was ist Ihr Lieblingskreuzfahrtschiff und welche Kreuzfahrt ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?

Tatsächlich habe ich kein Lieblingsschiff. Meine Lieblingsfahrt war aber ganz klar die Karibikfahrt im Januar 2018.

Die Mein Schiff 5 in der Karibik auf Dominica
Die Mein Schiff 5 in der Karibik auf Dominica

Welche Kreuzfahrt möchten Sie unbedingt einmal machen?

Wir planen eine Weltreise auf dem Schiff mit täglichen Live Eindrücken per Video, nach Corona.

Wir danken Andreas Bohnes und der Mein Schiffberater GmbH, uns und euch viele interessante Einblicke ermöglicht zu haben.